Liebe ohne Stand

Es ritt ein Ritter wohl durch das Ried,
Er hob wohl an ein neues Lied,
Gar schöne thät er singen,
Daß Berg und Thal erklingen.

Das hört des Königs sein Töchterlein
In ihres Vaters Lustkämmerlein,
Sie flochte ihr Härlein in Seiden,
Mit dem Ritter wollte sie reiten.

Er nahm sie bey ihrem seidenen Schopf
Und schwung sie hinter sich auf sein Roß.
Sie ritten in einer kleinen Weile
Wohl vier und zwanzig Meilen.

Und da sie zu dem Wald 'naus kamen,
Das Rößlein das will Futter han.
»Feins Liebchen, hier wollen wir ruhen,
Das Rößlein, das will Futter.«

Er spreit sein Mantel ins grüne Gras,
Er bat sie, daß sie zu ihm saß,
»Feins Liebchen, ihr müsset mich lausen,
Mein gelbkrauß Härlein durchzausen.«

Des härmt sich des Königs sein Töchterlein,
Viel heiße Thränen sie fallen ließ,
Er schaut ihr wohl unter die Augen,
»Warum weinet ihr, schöne Jungfraue?«

»Warum sollt ich nicht weinen und traurig seyn,
Ich bin ja des Königs sein Töchterlein;
Hätt ich meinem Vater gefolget,
Frau Kayserin wär ich geworden.«

Kaum hätt sie das Wörtlein ausgesagt,
Ihr Häuptlein auf der Erden lag,
»Jungfräulein hättst du geschwiegen,
Dein Häuptlein wär dir geblieben.«

Er kriegt sie bey ihrem seidenen Schopf,
Und schlenkert sie hinter den Hollerstock:
»Da liege feins Liebchen und faule,
Mein junges Herze muß trauren.«

Er nahm sein Rößlein bei dem Zaum,
Und band es an einen Wasserstrom.
»Hier steh mein Rößlein und trinke,
Mein jung frisch Herze muß sinken.«

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