Textarchiv - Caroline Christiane Louise Rudolphi
https://www.textarchiv.com/caroline-christiane-louise-rudolphi
Deutsche Schriftstellerin. Geboren am 24. August 1753 in Magdeburg. Gestorben am 15. April 1811 in Heidelberg.
deDer Herbst
https://www.textarchiv.com/caroline-christiane-louise-rudolphi/der-herbst
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Des Frühlings Sänger sind entflohn,<br />
Auch Freundinn Flora ist von uns gewichen,<br />
Den fernen Wüsten klagt sie schon,<br />
Daß gestern noch ihr jüngstes Kind erblichen.</p>
<p>Schon rauscht der Nord mit raschem Fuß<br />
Durch Feld und Wald, den Aufenthalt der Weste,<br />
Bedeckt mit dürrem Laub den Fluß,<br />
Und störet wild der Hirten Freudenfeste.</p>
<p>Beraubt des Schmucks ist jede Flur,<br />
Die Freude stirbt auf blumenleeren Wegen,<br />
Und mütterlich beut die Natur<br />
Mit grauem Haar uns schon den letzten Segen.</p>
<p>Bald schlummert sie, und bald verhüllt<br />
Der Winter sie im ernsten Flockenkleide,<br />
Ach! bald ist sie des Todes Bild,<br />
Ein ödes Grab die holde Blumenweide! – –</p>
<p>So komm dann, kleines Saitenspiel,<br />
An der verwaisten Buche sollst du trauern,<br />
Das letzte Laub, das ihr entfiel,<br />
Mit einem leisen Seufzer auch bedauren.</p>
<p>Dort klage, bis der Lenz beginnt,<br />
Bis Zephyrs Hauch die jungen Veilchen wecket,<br />
Zum lauen Bach das Eis zerrinnt,<br />
Die Liebe sich im Rosenhain verstecket.</p>
<p>Doch feige Thoren klagen nur,<br />
Entflieht das Glück mit seinen Flittergaben:<br />
Ein Hirte sucht der Freude Spur,<br />
Wie tief sie auch der Winter mag vergraben.</p>
<p>Der Musen edelstes Geschenk<br />
Soll Unmuth nicht, und Klageton entweihen,<br />
Entflohner Freuden eingedenk,<br />
Will ich die Winterflur mit Blumen streuen.</p>
<p>Was ist der Feen Wunderstab,<br />
Was ist er sonst als diese Dichterleyer,<br />
Die uns die holde Muse gab,<br />
Und in der Brust dies schöpferische Feuer?</p>
<p>Die Fee spricht: es thürmt ein Schloß<br />
Aus düstern Sümpfen sich in stolze Höhen,<br />
Sie wills: es reißt ein Fels sich los,<br />
Sie winkt dem Berg, und sieht ihn vor sich stehen.</p>
<p>Der Dichter spricht: der Winter flieht,<br />
Der Lenz erwacht aus seinem Grabe wieder,<br />
Ihm singt der Hain sein Feyerlied,<br />
Ihm fährt der May, so bald er will, hernieder.</p>
<p>Er hilft in Cypris Myrthenhain<br />
Den Grazien die ersten Rosen brechen.<br />
Auch schaft er Götter groß und klein,<br />
Fährt zum Olymp, und trinkt aus Nektarbächen.</p>
<p>Und was er sonst für Wunder schaft; –<br />
Die härtsten Steine weiß er zu beseelen –<br />
Doch laßt die hohe Schöpferkraft<br />
Der kleinen Hirtenleyer immer fehlen:</p>
<p>O, zaubert sie an meinen Herd<br />
Zufriedenheit und unschuldsvolle Freude<br />
Mit, eurem Gold, was seyd ihr werth,<br />
Ihr Indien! besitz ich diese beyde?</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/caroline-christiane-louise-rudolphi" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Caroline Christiane Louise Rudolphi</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1781</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/caroline-christiane-louise-rudolphi/der-herbst" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der Herbst" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sat, 14 Mar 2015 23:00:02 +0000akessler764 at https://www.textarchiv.comHerbstgesang
https://www.textarchiv.com/caroline-christiane-louise-rudolphi/herbstgesang
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Sey gegrüßt im falben Nebelkleide,<br />
Gott des Segens, sey gegrüßt!<br />
Lieh dir gleich nicht Flora ihr Geschmeide,<br />
Holder Gott des Segens, sey gegrüßt!</p>
<p>Ach! wie hängt dein Horn von Purpurtrauben<br />
Und von goldnen Früchten schwer!<br />
Laß mich, laß mich deines Nektars rauben,<br />
Reich mir deinen Freudenbecher her;</p>
<p>Daß ich deines Feuers voll dich singe,<br />
Bis mir Stirn und Wange glüht;<br />
Daß dein Lob zum fernsten Aether dringe,<br />
Bis zum hohen Sirius dein Lied!</p>
<p>Ja, der Götter wonniges Entzücken,<br />
Das dem Nektar Süße leiht,<br />
Ist, uns Erdenkinder zu beglücken:<br />
Wohlthun ist des Himmels Seligkeit.</p>
<p>Seht ihrs nicht an diesem Gott der Freude? –<br />
Wie sein Nebelschleyer flieht!<br />
Wie geschmückt im lichten Aetherkleide<br />
Lächelnd er zu uns hernieder sieht!</p>
<p>Denn er hat mit Segen unsre Fluren,<br />
Unsre Hütten all erfüllt.<br />
Seht, o seht! wie seines Fußes Spuren<br />
Ueberall ein voller Strom entquillt!</p>
<p>Reizend ist im blumigten Geschmeide,<br />
In der Hoffnung Lichtgewand<br />
Dein Verkünder, holder Gott der Freude,<br />
Mit dem Blüthenscepter in der Hand.</p>
<p>Liebe, Liebe stralt aus seinem Bilde;<br />
Mit dem schöpferischen Stral<br />
Wandelt er in Edens Lustgefilde<br />
Unsre Fluren, Hain und Thal.</p>
<p>Aber auf des Windes Flügel fliehet<br />
Uns dies glückliche Gesicht,<br />
Wie im ungetreuen Meere siehet<br />
Man die Spuren seines Pfades nicht.</p>
<p>Du, du reichst uns Freud’ und neues Leben<br />
In dem edlen Rebenblut!<br />
Deine vollen Nektartrauben geben<br />
Noch zu hoher That dem Enkel Muth.</p>
<p>Seliger Autumnus! sieh die Menge<br />
Froher Wesen, die dir singt,<br />
Horch dem Jubel heller Lustgesänge,<br />
Der beseelt von dir zum Aether dringt.</p>
<p>Kehre nicht so schnell den Flug zum Himmel,<br />
Bleib’ und schaue deine Lust<br />
An dem frohen dankenden Gewimmel,<br />
Sieh der Himmel ist in unsrer Brust!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/caroline-christiane-louise-rudolphi" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Caroline Christiane Louise Rudolphi</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1781</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/caroline-christiane-louise-rudolphi/herbstgesang" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Herbstgesang" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sat, 14 Feb 2015 11:34:04 +0000akessler765 at https://www.textarchiv.com