Textarchiv - Friedrich Adler
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Österreichisch-tschechischer Jurist, Politiker und Übersetzer. Geboren 13. Februar 1857 in Amschelberg, Tschechien. Gestorben 2. Februar 1938 in Prag.
deMein Nachbar
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<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>An jedem Abend, wenn die späte Stunde<br />
Die müden Glieder in den Schlummer lockt,<br />
Und ich im Vorgefühl der süssen Ruhe<br />
Das Buch gesättigt aus den Händen lege,<br />
Fängt über mir ein störenden Konzert an.<br />
Es gleiten Finger über das Pianino,<br />
Und sonder Zweifel ungeschickte Finger.<br />
Bald hör’ ich eine Scala, wie ein Schüler<br />
Beim Unterrichte sie nicht schlechter spielt,<br />
Bald eine Melodie aus irgend einer<br />
Uralten Oper oder Operette, –<br />
Das alles unterbrochen oft durch Pausen,<br />
Die nicht im Notenblatte stehen mögen,<br />
Durch falsche Griffe, die in wilder Hast<br />
Sofort noch einmal falsch gegriffen werden –<br />
Kurz, ich bin selbst nicht sonderlich empfindlich,<br />
Kein streng geübter Kenner der Musik,<br />
Doch nehmt die Zeit, die Ruhbedürftigkeit,<br />
Und denkt dazu das unberuf’ne Spiel:<br />
Und dann vergebt mir nicht, wenn ich am Ende<br />
Voll Aerger nach dem Konzertierer forsche,<br />
Die unbequemen Klänge abzuthun.</p>
<p>Und was vernahm ich? Ein bejahrter Mann,<br />
Ein dürftiger, ist mein Pianospieler.<br />
Den ganzen Tag geht er dem Handwerk nach,<br />
Und abends, wenn die Kinder eingeschlafen,<br />
Für die er all’ die schweren Sorgen trägt,<br />
Uebt er Piano.</p>
<p>Lacht mich aus darum.<br />
Mir traten ein paar Thränen in die Augen,<br />
Mitfühlend las ich in des Mannes Herz.</p>
<p>Er kann nicht spielen, und er wird’s nicht können,<br />
Zu steif ist seine Hand, sein Ohr zu stumpf, –<br />
Ihr kennt das Sprüchlein wohl von Hans und Hänschen<br />
Und dennoch lässt er’s nicht. Ihm ist das Spiel<br />
Die einzige Sprosse, die aus Not und Kummer<br />
Des öden Lebens ihn nach oben leitet,<br />
Die einzige. Und die barmherzige Kunst,<br />
Sie, aller Segenspender edelste,<br />
Stösst ihn auch ohne Trost nicht aus dem Tempel,<br />
Der gläubig drin der Seele Heilung sucht.<br />
Aus falschen Griffen, aus verfehlten Takten<br />
Giesst sie dem Lechzenden Befriedigung<br />
In die geängstigte, gequälte Brust …</p>
<p>Spiel’ immerzu, du armer alter Mann!<br />
Du störst nicht, nein. Melodisch klingt um mich<br />
Die edle Weihe eines Menschenherzens.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/friedrich-adler" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Friedrich Adler</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/friedrich-adler/mein-nachbar" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Mein Nachbar" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sat, 14 Mar 2015 23:00:02 +0000akessler856 at https://www.textarchiv.comGalopp
https://www.textarchiv.com/friedrich-adler/galopp
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Sonder Rasten<br />
In das Hasten!<br />
Alle Lasten<br />
Wirf beiseit!<br />
Bald verronnen<br />
Ist der Bronnen<br />
Holder Wonnen –<br />
Brauch’ die Zeit!</p>
<p>Wie sich sputen<br />
Der Minuten<br />
Tolle Fluten<br />
Ohne Ruh:<br />
Nach den Spenden,<br />
Die sie senden<br />
Deinen Händen,<br />
Greife zu!</p>
<p>Nicht Besinnen<br />
Wird’s gewinnen;<br />
Rasch Beginnen<br />
Führt’s hinaus –<br />
Drum in’s Jagen<br />
Ohne Zagen!<br />
Lass dich tragen<br />
Vom Gebraus!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/friedrich-adler" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Friedrich Adler</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1904</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/friedrich-adler/galopp" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Galopp" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sun, 01 Mar 2015 14:59:19 +0000akessler855 at https://www.textarchiv.com