Textarchiv - Gottfried August Bürger
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger
Deutscher Dichter. Geboren am 31. Dezember 1747 in Molmerswende im Ostharz. Gestorben am 8. Juni 1794 in Göttingen.
deAn Themiren
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/an-themiren
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ach, würden falsche Schwüre<br />
Durch Zeichen an dir kund!<br />
Verfärbte sich, Themire,<br />
Dein frevelhafter Mund!</p>
<p>O, daß ein Zahn sich schwärzte.<br />
Meineidige! daß nur<br />
Ein Fingerchen dir schmerzte,<br />
Das sich erhob zum Schwur!</p>
<p>So glaubt' ich, Götter hielten<br />
Noch was auf Treu' und Pflicht,<br />
Und falsche Mädchen spielten<br />
Mit teuern Eiden nicht. –</p>
<p>Doch deinen Reiz erheben<br />
Verbrechen nur noch mehr;<br />
Und immer dichter schweben<br />
Verehrer um dich her.</p>
<p>Frau Venus und ihr Völkchen<br />
Läßt fünf gerade sein.<br />
Von Unmut nicht ein Wölkchen<br />
Hüllt ihre Stirnen ein.</p>
<p>Per Dio! Was noch schlimmer,<br />
Dein Flattersinn ergötzt<br />
Den Schadenfroh, der immer<br />
An heißen Pfeilen wetzt.</p>
<p>Daher in allen Schulen<br />
Befiedert täglich sich<br />
Ein Heer von jungen Buhlen,<br />
Und insgesammt für dich.</p>
<p>Die kommen dann, und zollen<br />
Dir Huldigung und Pflicht.<br />
Die Alten aber trollen<br />
Deswegen sich noch nicht.</p>
<p>Und Alt und Jung umschwärmet<br />
Nun, wie behext, dein Haus.<br />
Man baxet sich, man lärmet – – –<br />
Ach! wo will das hinaus? –</p>
<p>Dich scheut, des Söhnchens wegen,<br />
Die zärtliche Mama;<br />
Und, seines Beutels wegen,<br />
Der geizige Papa.</p>
<p>Du ängstigst junge Frauen:<br />
Es möchte deinen Wert<br />
Ein Tröpfchen Gunst betauen,<br />
Das ihnen zugehört.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/an-themiren" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="An Themiren" class="rdf-meta element-hidden"></span>Fri, 26 Apr 2019 22:10:11 +0000mrbot11867 at https://www.textarchiv.comBullius
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/bullius
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Was zwischen manchem wilden Haufen<br />
Sich Bullius, der Adlermann,<br />
An Hörnern endlich abgelaufen,<br />
Das läuft sein Weib ihm wieder an,</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/bullius" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Bullius" class="rdf-meta element-hidden"></span>Tue, 23 Apr 2019 22:10:09 +0000mrbot11860 at https://www.textarchiv.comDas Dörfchen
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/das-doerfchen
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ich rühme mir<br />
Mein Dörfchen hier!<br />
Denn schön're Auen,<br />
Als rings umher<br />
Die Blicke schauen,<br />
Blüh'n nirgends mehr.<br />
Welch ein Gefilde,<br />
Zum schönsten Bilde<br />
Für Dietrichs Hand!<br />
Hier Felsenwand,<br />
Dort Ährenfelder<br />
Und Wiesengrün,<br />
Dem blaue Wälder<br />
Die Gränze ziehn!<br />
In jener Höhe<br />
Die Schäferei,<br />
Und in der Nähe<br />
Mein Sorgenfrei!<br />
So nenn' ich meine<br />
Geliebte, kleine<br />
Einsiedelei,<br />
Worin ich lebe,<br />
Zur Lust versteckt,<br />
Die ein Gewebe<br />
Von Ulm' und Rebe<br />
Grün überdeckt.</p>
<p>Dort kränzen Schlehen<br />
Die braune Kluft,<br />
Und Pappeln wehen<br />
In blauer Luft.<br />
Mit sanftem Rieseln<br />
Schleicht hier gemach<br />
Auf Silberkieseln<br />
Ein heller Bach;<br />
Fließt unter Zweigen,<br />
Die über ihn<br />
Sich wölbend neigen,<br />
Bald schüchtern hin;<br />
Läßt bald im Spiegel<br />
Den grünen Hügel,<br />
Wo Lämmer gehn,<br />
Des Ufers Büschchen<br />
Und alle Fischchen<br />
Im Grunde sehn,<br />
Da gleiten Schmerlen<br />
Und blasen Perlen.<br />
Ihr schneller Lauf<br />
Geht bald hinnieder,<br />
Und bald herauf<br />
Zur Fläche wieder.</p>
<p>Schön ist die Flur;<br />
Allein Elise<br />
Macht sie mir nur<br />
Zum Paradiese.</p>
<p>Der erste Blick<br />
Des morgens wecket<br />
Auch unser Glück.<br />
Nur leicht bedecket<br />
Führt sie mich hin,<br />
Wo Florens Beete<br />
Die Königin<br />
Der Morgenröte<br />
Mit Thränen näßt,<br />
Und Perlen blitzen<br />
Von allen Spitzen<br />
Des Grafes läßt.<br />
Die Knospe spaltet<br />
Die volle Brust;<br />
Die Blume faltet<br />
Sich auf zur Lust.<br />
Sie blüht, und blühet<br />
Doch schöner nicht,<br />
Als das Gesicht<br />
Elisens glühet.</p>
<p>Wanns heißer wird<br />
Geht man selbander<br />
Zu dem Mäander,<br />
Der unten irrt.<br />
Da sinkt zum Bade<br />
Der Schäferin,<br />
An das Gestade,<br />
Das Röckchen hin.<br />
Soll ich nicht eilen,<br />
Die Lust zu teilen? –<br />
Der Tag ist schwül,<br />
Geheim die Stelle,<br />
Und klar und kühl<br />
Die Badequelle.</p>
<p>Ein leichtes Mahl<br />
Mehrt dann die Zahl<br />
Von unsern Freunden.<br />
In weichem Gras,<br />
An Pappelweiden,<br />
Steht zwischen Beiden<br />
Das volle Glas.<br />
Der Trunk erweitert<br />
Nun bald das Herz,<br />
Und Witz erheitert<br />
Den sanften Scherz.<br />
Sie kömmt, und winket,<br />
Und schenkt mir ein,<br />
Doch lachend trinket<br />
Sie selbst den Wein;<br />
Flieht dann und dünket<br />
Sich gut versteckt;<br />
Doch bald entdeckt,<br />
Muß sie mit Küssen<br />
Den Frevel büßen.</p>
<p>Drauf mischet sie<br />
Die Melodie<br />
Der süßen Kehle<br />
In das Ahi<br />
Der Philomele,<br />
Die so voll Seele<br />
Nie sang, wie sie.</p>
<p>So zirkeln immer<br />
Lust und Genuß,<br />
Und Überdruß,<br />
Befällt uns nimmer.</p>
<p>O Seligkeit!<br />
Daß doch die Zeit<br />
Dich nie zerstöre!<br />
Mir frisches Blut,<br />
Ihr treuen Mut<br />
Und Reiz gewähre!<br />
Das Glück mag dann,<br />
Mit vollen Händen,<br />
An Jedermann,<br />
Der schleppen kann,<br />
Sich arm verschwenden.<br />
Ich seh' es an,<br />
Entfernt vom Neide,<br />
Und stimme dann<br />
Mein Liedchen an,<br />
Zum Tanz der Freude:<br />
Ich rühme mir<br />
Mein Dörfchen hier!</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/das-doerfchen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Das Dörfchen" class="rdf-meta element-hidden"></span>Mon, 22 Apr 2019 22:10:09 +0000mrbot11857 at https://www.textarchiv.comDas Lied vom braven Manne
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/das-lied-vom-braven-manne
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Hoch klingt das Lied vom braven Mann,<br />
Wie Orgelton und Glockenklang.<br />
Wer hohes Muts sich rühmen kann,<br />
Den lohnt nicht Gold, den lohnt Gesang.<br />
Gottlob! daß ich singen und preisen kann:<br />
Zu singen und preisen den braven Mann.</p>
<p>Der Tauwind kam vom Mittagsmeer,<br />
Und schnob durch Welschland trüb' und feucht.<br />
Die Wolken flogen vor ihm her,<br />
Wie wann der Wolf die Herde scheucht.<br />
Er fegte die Felder; zerbrach den Forst;<br />
Auf Seen und Strömen das Grundeis borst.</p>
<p>Am Hochgebirge schmolz der Schnee,<br />
Der Sturz von tausend Wassern scholl;<br />
Das Wiesenthal begrub ein See;<br />
Des Landes Heerstrom wuchs und schwoll;<br />
Hoch rollten die Wogen, entlang ihr Gleis,<br />
Und rollten gewaltige Felsen Eis.</p>
<p>Auf Pfeilern und auf Bogen schwer,<br />
Aus Quaderstein von unten auf,<br />
Lag eine Brücke d'rüber her;<br />
Und mitten stand ein Häuschen d'rauf.<br />
Hier wohnte der Zöllner, mit Weib und Kind. –<br />
»O Zöllner! o Zöllner! Entfleuch geschwind!«</p>
<p>Es dröhnt' und dröhnte dumpf heran,<br />
Laut heulten Sturm und Wog' um's Haus.<br />
Der Zöllner sprang zum Dach hinan,<br />
Und blickt' in den Tumult hinaus. –<br />
»Barmherziger Himmel! Erbarme dich!<br />
Verloren! Verloren! Wer rettet mich?« –</p>
<p>Die Schollen rollten, Schuß auf Schuß,<br />
Von beiden Ufern, hier und dort,<br />
Von beiden Ufern riß der Fluß<br />
Die Pfeiler sammt den Bogen fort.<br />
Der bebende Zöllner, mit Weib und Kind,<br />
Er heulte noch lauter, als Strom und Wind.</p>
<p>Die Schollen rollen, Stoß auf Stoß,<br />
An beiden Enden, hier und dort,<br />
Zerborsten und zertrümmert, schoß,<br />
Ein Pfeiler nach dem andern fort.<br />
Bald nahte der Mitte der Umsturz sich. –<br />
»Barmherziger Himmel! Erbarme dich!« –</p>
<p>Hoch auf dem fernen Ufer stand<br />
Ein Schwarm von Gaffern, groß und klein;<br />
Und Jeder schrie und rang die Hand,<br />
Doch mochte Niemand Retter sein.<br />
Der bebende Zöllner, mit Weib und Kind,<br />
Durchheulte nach Rettung den Strom und Wind. –</p>
<p>Wann klingst du, Lied vom braven Mann,<br />
Wie Orgelton und Glockenklang?<br />
Wohlan! So nenn' ihn, nenn' ihn dann!<br />
Wann nennst du ihn, mein schönster Sang?<br />
Bald nahet der Mitte der Umsturz sich.<br />
O braver Mann! braver Mann! zeige dich!</p>
<p>Rasch galoppiert' ein Graf hervor,<br />
Auf hohem Roß ein edler Graf.<br />
Was hielt des Grafen Hand empor?<br />
Ein Beutel war es, voll und straff. –<br />
»Zweihundert Pistolen sind zugesagt<br />
Dem, welcher die Rettung der Armen wagt.«</p>
<p>Wer ist der Brave? Ist's der Graf?<br />
Sag an, mein braver Sang, sag an! –<br />
Der Graf, beim höchsten Gott! war brav!<br />
Doch weiß ich einen bravern Mann. –<br />
O braver Mann! braver Mann! Zeige dich!<br />
Schon naht das Verderben sich fürchterlich. –</p>
<p>Und immer höher schwoll die Flut;<br />
Und immer lauter schnob der Wind;<br />
Und immer tiefer sank der Mut. –<br />
O Retter! Retter! Komm geschwind! –<br />
Stets Pfeiler bei Pfeiler zerborst und brach.<br />
Laut krachten und stürzten die Bogen nach.</p>
<p>»Hallo! Hallo! Frisch aufgewagt!«<br />
Hoch hielt der Graf den Preis empor.<br />
Ein Jeder hört's doch Jeder zagt,<br />
Aus Tausenden tritt Keiner vor.<br />
Vergebens durchheulte, mit Weib und Kind,<br />
Der Zöllner nach Rettung den Strom und Wind. –</p>
<p>Sieh, schlecht und recht, ein Bauersmann<br />
Am Wanderstabe schritt daher,<br />
Mit grobem Kittel angethan,<br />
An Wuchs und Antlitz hoch und hehr.<br />
Er hörte den Grafen; vernahm sein Wort;<br />
Und schaute das nahe Verderben dort.</p>
<p>Und kühn in Gottes Namen, sprang<br />
Er in den nächsten Fischerkahn;<br />
Trotz Wirbel, Sturm, und Wogendrang,<br />
Kam der Erretter glücklich an:<br />
Doch wehe! der Nachen war allzuklein,<br />
Der Retter von Allen zugleich zu sein.</p>
<p>Und dreimal zwang er seinen Kahn,<br />
Trotz Wirbel, Sturm, und Wogendrang;<br />
Und dreimal kam er glücklich an,<br />
Bis ihm die Rettung ganz gelang.<br />
Kaum kamen die Letzten in sichern Port;<br />
So rollte das letzte Getrümmer fort. –</p>
<p>Wer ist, wer ist der brave Mann?<br />
Sag an, sag an, mein braver Sang!<br />
Der Bauer wagt' ein Leben dran:<br />
Doch that er's wohl um Goldesklang?<br />
Denn spendete nimmer der Graf sein Gut;<br />
So wagte der Bauer vielleicht kein Blut. –</p>
<p>»Hier, rief der Graf, mein wackrer Freund!<br />
Hier ist dein Preis! Komm her! Nimm hin!« –<br />
Sag an, war das nicht brav gemeint? –<br />
Bei Gott! der Graf trug hohen Sinn. –<br />
Doch höher und himmlischer, wahrlich! schlug<br />
Das Herz, das der Bauer im Kittel trug.</p>
<p>»Mein Leben ist für Gold nicht feil.<br />
Arm bin ich zwar, doch ess' ich satt.<br />
Dem Zöllner werd' eur Gold zu teil,<br />
Der Hab' und Gut verloren hat!«<br />
So rief er, mit herzlichem Biederton,<br />
Und wandte den Rücken und ging davon. –</p>
<p>Hoch klingst du, Lied vom braven Mann,<br />
Wie Orgelton und Glockenklang!<br />
Wer solches Muts sich rühmen kann,<br />
Den lohnt kein Gold, den lohnt Gesang.<br />
Gottlob! daß ich singen und preisen kann,<br />
Unsterblich zu preisen den braven Mann.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/das-lied-vom-braven-manne" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Das Lied vom braven Manne" class="rdf-meta element-hidden"></span>Mon, 22 Apr 2019 22:10:09 +0000mrbot11854 at https://www.textarchiv.comAuf die Morgenröte
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/auf-die-morgenroete
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wann die goldne Frühe, neugeboren,<br />
Am Olymp mein matter Blick erschaut,<br />
Dann erblass' ich, wein' und seufze laut:<br />
Dort im Glanze wohnt, die ich verloren!</p>
<p>Grauer Tithon! du empfängst Auroren<br />
Froh aufs neu, sobald der Abend taut;<br />
Aber ich umarm' erst meine Braut<br />
An des Schattenlandes schwarzen Thoren.</p>
<p>Tithon! Deines Alters Dämmerung<br />
Mildert mit dem Strahl der Rosenstirne<br />
Deine Gattin, ewig schön und jung:</p>
<p>Aber mir erloschen die Gestirne,<br />
Sank der Tag in öde Finsternis,<br />
Als sich Molly dieser Welt entriß.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/auf-die-morgenroete" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Auf die Morgenröte" class="rdf-meta element-hidden"></span>Thu, 18 Apr 2019 22:10:09 +0000mrbot11863 at https://www.textarchiv.comDaß Blümchen Wunderhold
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/dass-bluemchen-wunderhold
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Es blüht ein Blümchen irgend wo<br />
In einem stillen Thal.<br />
Das schmeichelt Aug' und Herz so froh,<br />
Wie Abendsonnenstrahl.<br />
Das ist viel köstlicher, als Gold,<br />
Als Perl' und Diamant.<br />
Drum wird es »Blümchen Wunderhold«<br />
Mit gutem Fug genannt.</p>
<p>Wohl sänge sich ein langes Lied<br />
Von meines Blümchens Kraft:<br />
Wie es am Leib' und am Gemüt<br />
So hohe Wunder schafft.<br />
Was kein geheimes Elixir<br />
Dir sonst gewähren kann,<br />
Das leistet traun! mein Blümchen dir.<br />
Man säh' es ihm nicht an.</p>
<p>Wer Wunderhold im Busen hegt,<br />
Wird wie ein Engel schön.<br />
Das hab' ich, inniglich bewegt,<br />
An Mann und Weib gesehn.<br />
An Mann und Weib, alt oder jung,<br />
Zieht's, wie ein Talisman,<br />
Der schönsten Seelen Huldigung<br />
Unwiderstehlich an.</p>
<p>Auf steifem Hals ein Strotzerhaupt,<br />
Des Wangen hoch sich bläh'n,<br />
Des Nase nur nach Äther schnaubt,<br />
Läßt doch gewiß nicht schön.<br />
Wenn irgend nun ein Rang, wenn Gold<br />
Zu steif den Hals dir gab,<br />
So schmeidigt ihn mein Wunderhold<br />
Und biegt dein Haupt herab.</p>
<p>Es webet über dein Gesicht<br />
Der Anmut Rosenflor;<br />
Und zieht des Auges grellem Licht<br />
Die Wimper mildernd vor.<br />
Es teilt der Flöte weichen Klang<br />
Des Schreiers Kehle mit,<br />
Und wandelt in Zephyrengang<br />
Des Stürmers Poltertritt.</p>
<p>Der Laute gleicht des Menschen Herz,<br />
Zu Sang und Klang gebaut,<br />
Doch spielen sie oft Lust und Schmerz<br />
Zu stürmisch und zu laut:<br />
Der Schmerz, wann Ehre, Macht und Gold<br />
Vor deinen Wünschen fliehn,<br />
Und Luft, wann sie in deinen Sold<br />
Mit Siegeskränzen ziehn.</p>
<p>O wie dann Wunderhold das Herz<br />
So mild und lieblich stimmt!<br />
Wie allgefällig Ernst und Scherz<br />
In seinem Zauber schwimmt!<br />
Wie man alsdann nichts thut und spricht,<br />
Drob Jemand zürnen kann!<br />
Das macht, man trotzt und strotzet nicht<br />
Und drängt sich nicht voran.</p>
<p>O wie man dann so wohlgemut,<br />
So friedlich lebt und webt!<br />
Wie um das Lager, wo man ruht,<br />
Der Schlaf so segnend schwebt!<br />
Denn Wunderhold hält alles fern,<br />
Was giftig beißt und sticht;<br />
Und stäch' ein Molch auch noch so gern,<br />
So kann und kann er nicht.</p>
<p>Ich sing', o Lieder, glaub' es mir<br />
Nichts aus der Fabelwelt,<br />
Wenn gleich ein solches Wunder dir<br />
Fast hart zu glauben fällt.<br />
Mein Lied ist nur ein Wiederschein<br />
Der Himmelslieblichkeit,<br />
Die Wunderhold auf Groß und Klein<br />
In Thun und Wesen streut.</p>
<p>Ach! hättest du nur die gekannt,<br />
Die einst mein Kleinod war –<br />
Der Tod entriß sie meiner Hand<br />
Hart hinterm Traualtar –<br />
Dann würdest du es ganz verstehn,<br />
Was Wunderhold vermag,<br />
Und in das Licht der Wahrheit sehn,<br />
Wie in den hellen Tag.</p>
<p>Wohl hundertmal verdankt' ich ihr<br />
Des Blümchens Segensflor.<br />
Sanft schob sie's in den Busen mir<br />
Zurück, wann ichs verlor.<br />
Jetzt rafft ein Geist der Ungeduld<br />
Es oft mir aus der Brust.<br />
Erst, wann ich büße meine Schuld,<br />
Bereu' ich den Verlust.</p>
<p>O was des Blümchens Wunderkraft<br />
Am Leib' und am Gemüt<br />
Ihr, meiner Holdin, einst verschafft,<br />
Faßt nicht das längste Lied! –<br />
Weil's mehr, als Seide, Perl' und Gold<br />
Der Schönheit Zier verleiht,<br />
So nenn' ichs »Blümchen Wunderhold«<br />
Sonst heißt's – Bescheidenheit.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/dass-bluemchen-wunderhold" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Daß Blümchen Wunderhold" class="rdf-meta element-hidden"></span>Wed, 17 Apr 2019 22:10:09 +0000mrbot11858 at https://www.textarchiv.comAruspex und Professor
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/aruspex-und-professor
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wie ein Aruspex dem Kollegen<br />
Ohn' aufzulachen, einst entgegen<br />
Mit Ernst zu treten fähig war,<br />
Schien, Tullius, dir wunderbar.<br />
Ein größres Wunder fast wär's unter uns zu nennen,<br />
Wie's manche Professoren können.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/aruspex-und-professor" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Aruspex und Professor" class="rdf-meta element-hidden"></span>Wed, 17 Apr 2019 22:10:02 +0000mrbot11866 at https://www.textarchiv.comDas hohe Lied von der Einzigen
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/das-hohe-lied-von-der-einzigen
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Hört von meiner Auserwählten,<br />
Höret an mein schönstes Lied!<br />
Ha, ein Lied des Neubeseelten<br />
Von der süßen Anvermählten,<br />
Die ihm endlich Gott beschied!</p>
<p>Wie aus tiefer Ohnmacht Banden,<br />
Wie aus Graus und Moderduft<br />
In verschloßner Totengruft,<br />
Fühlt er froh sich auferstanden<br />
Zu des Frühlings Licht und Luft.</p>
<p>Zepter, Diademe, Thronen,<br />
Gold und Silber hab' ich nicht:<br />
Hätten auch, ihr voll zu lohnen,<br />
Silber, Gold und Perlenkronen<br />
Ein genügendes Gewicht.<br />
Was ich habe, will ich geben.<br />
Ihrem Namen, den mein Lied<br />
Schüchtern sonst zu nennen mied,<br />
Will ich schaffen Glanz und Leben<br />
Durch mein höchstes Feierlied.</p>
<p>Schweig', o Chor der Nachtigallen!<br />
Mir nur lausche jedes Ohr!<br />
Murmelbach, hör' auf zu wallen!<br />
Winde, laßt die Flügel fallen,<br />
Rasselt nicht durch Laub und Rohr!<br />
Halt in jedem Elemente,<br />
Halt in Garten, Hain und Flur<br />
Jeden Laut, der irgend nur<br />
Meine Feier stören könnte,<br />
Halt den Odem an, Natur!</p>
<p>Glorreich, wie des Äthers Bogen,<br />
Weich gefiedert, wie der Schwan,<br />
Auf des Wohllauts Silberwogen<br />
Majestätisch fortgezogen,<br />
Wall', o Lied, des Ruhmes Bahn!<br />
Denn bis zu den letzten Tagen,<br />
Die der kleinste Hauch erlebt,<br />
Der von deutscher Lippe schwebt,<br />
Sollst du deren Namen tragen,<br />
Welche mich zum Gott erhebt.</p>
<p>Ja, zum himmelfrohen Gotte,<br />
Der nun, frei und wohlgemut<br />
Vor des Tadels Ernst und Spotte,<br />
Wie in seiner Göttin Grotte<br />
Nach dem Sturm Odysseus, ruht!<br />
Sturm und Woge sind entschlafen,<br />
Die durch Zonen, kalt und feucht,<br />
Dürr und glühend, ihn gescheucht;<br />
Seines Wonnelandes Hafen<br />
Hat der Dulder nun erreicht.</p>
<p>Seine Stärke war gesunken;<br />
Lechzend hing die Zung' am Gaum;<br />
Alles Öl war ausgetrunken,<br />
Und des Lebens letzter Funken<br />
Glimmt' am dürren Tachte kaum.<br />
Da zerriß die Wolkenhülle,<br />
Wie durch Zauberwort und Schlag.<br />
Heiter lacht' ein blauer Tag<br />
Auf des Wunderheiles Fülle,<br />
Welche duftend vor ihm lag.</p>
<p>Wonne weht von Thal und Hügel,<br />
Weht von Flur und Wiesenplan,<br />
Weht vom glatten Wasserspiegel,<br />
Wonne weht mit weichem Flügel<br />
Des Piloten Wangen an.<br />
Ihr Gefieder, nicht mit Aschen<br />
Trauriger Vergangenheit<br />
Für die Schmähsucht mehr bestreut,<br />
Glänzet rein und hell gewaschen,<br />
Wie des Schwanes Silberkleid.</p>
<p>In dem Paradiesgefilde,<br />
Wie sein Aug' es nimmer sah,<br />
Waltet mit des Himmels Milde,<br />
Nach der Gottheit Ebenbilde,<br />
Adonid-Urania.<br />
Froh hat sie ihn aufgenommen,<br />
Hat erquickt mit süßem Lohn<br />
Ihn, des Kummers müden Sohn.<br />
»Nun, o lieber Mann, willkommen!«<br />
Sang ihr Philomelenton.</p>
<p>Ach, in ihren Feenarmen<br />
Nun zu ruhen, ohne Schuld;<br />
An dem Busen zu erwarmen,<br />
An dem Busen voll Erbarmen,<br />
Voller Liebe, Treu' und Huld:<br />
Das ist mehr, als von der Kette,<br />
Aus der Folterkammer Pein,<br />
Oder von dem Rabenstein<br />
In der Wollust Flaumenbette<br />
Durch ein Wort entrückt zu sein! –</p>
<p>Ist es wahr, was mir begegnet?<br />
Oder Traum, der mich bethört,<br />
Wie er oft den Armen segnet<br />
Und ihm goldne Berge regnet,<br />
Die ein Hahnenruf zerstört?<br />
Darf ichs glauben, daß die Eine,<br />
Die sich selbst in mir vergißt,<br />
Den Vermählungskuß mir küßt?<br />
Daß die Herrliche die Meine<br />
Ganz vor Welt und Himmel ist? –</p>
<p>Hohe Namen zu erkiesen<br />
Ziemt dir wohl, o Lautenspiel!<br />
Nie wird Die zu hoch gepriesen,<br />
Die so herrlich sich erwiesen,<br />
Herrlich ohne Maß und Ziel:<br />
Daß sie, trotz dem Hohngeschreie,<br />
Trotz der Hoffnung Untergang,<br />
Gegen Sturm und Wogendrang,<br />
Mir gehalten Lieb' und Treue,<br />
Mehr als hundert Monden lang.</p>
<p>Und warum, warum gehalten?<br />
Konnt' ich, wie der Großsultan,<br />
Über Millionen schalten?<br />
War ich unter Mannsgestalten<br />
Ein Apoll des Vatikan?<br />
War ich Herzog großer Geister,<br />
Prangend in dem Kranz von Licht,<br />
Den die Hand der Fama flicht?<br />
War ich holder Künste Meister?<br />
Ach, das alles war ich nicht!</p>
<p>Zwar – ich hätt' in Jünglingstagen,<br />
Mit beglückter Liebe Kraft<br />
Lenkend meinen Kämpferwagen,<br />
Hundert mit Gesang geschlagen,<br />
Tausende mit Wissenschaft!<br />
Doch des Herzens Loos, zu darben,<br />
Und der Gram, der mich verzehrt,<br />
Hatten Trieb und Kraft zerstört.<br />
Meiner Palmen Keime starben,<br />
Eines mildern Lenzes wert.</p>
<p>Sie, mit aller Götter Gnaden<br />
Hoch, an Seel' und Leib, geschmückt,<br />
Schön und wert, Alcibiaden<br />
Zur Umarmung einzuladen,<br />
Hätt' ein Beßrer leicht beglückt.<br />
Hymen hätte zur Belohnung<br />
Sie im Freuden-Chor umschwebt,<br />
Und ein Leben ihr gewebt,<br />
Wie es in Kronions Wohnung<br />
Hebe mit Alciden lebt.</p>
<p>Dennoch, ohne je zu wanken,<br />
Käm' ihr ganzes Heil auch um,<br />
Schlangen ihrer Liebe Ranken<br />
Um den hingewelkten Kranken<br />
Unablöslich sich herum.<br />
Schmelzend im Bekümmernisse,<br />
Daß der Eumeniden Schar,<br />
Die um ihn gelagert war,<br />
Nicht in Höllenglut ihn risse,<br />
Bot sie sich zum Schirme dar. –</p>
<p>Macht in meiner Schuld, o Saiten,<br />
Ihrer Tugend Adel kund!<br />
Wahrheit knüpfe, des geweihten<br />
Lautenschlägers Hand zu leiten,<br />
Mit Gerechtigkeit den Bund!<br />
Manche Tugend mag er missen:<br />
Aber du, Gerechtigkeit,<br />
Warst ihm heilig jederzeit!<br />
Nein! Mit Willen und mit Wissen<br />
Hat er nimmer dich entweiht.</p>
<p>Ruf es laut aus voller Seele:<br />
Schuldlos war ihr Herz und Blut!<br />
Welches Ziel die Rüge wähle,<br />
O so trifft sie meine Fehle,<br />
Fehle meiner Liebeswut!<br />
Geißle mich des Hartsinns Tadel!<br />
Wölke sich ob meiner Schuld<br />
Selbst die Stirne milder Huld!<br />
Büß' ich nur für ihren Adel,<br />
O so büß' ich mit Geduld.</p>
<p>Ha, nicht linder Weste Blasen<br />
Wehte mich zu Lieb' und Lust!<br />
Nein, es war des Sturmes Rasen!<br />
Flamme, Steine zu verglasen<br />
Heiß genug, entfuhr der Brust!<br />
Nur in Plutons grausen Landen<br />
Hätten, eisern in der Pflicht,<br />
Welche keine Not zerbricht,<br />
Unholdinnen widerstanden:<br />
Doch die zarte Holdin nicht! –</p>
<p>Unglückssohn, warum entflammte<br />
Deinen Busen solche Glut?<br />
Sprich woher, woher sie stammte?<br />
Welches Dämons Macht verdammte,<br />
Frevler, dich zu dieser Wut? –<br />
Eitle Frage! Nimm, Gesunder,<br />
Nimm mein Herz und meinen Sinn<br />
Ohne dieses Fieber hin!<br />
Staune dann noch ob dem Wunder,<br />
Wie ich dieser war und bin!</p>
<p>Nimm mein Auge hin und schaue,<br />
Schau in Ihres Auges Licht!<br />
Ah, das klare, himmelblaue,<br />
Das so heilig sein: Vertraue<br />
Meinem Himmelssinne! spricht!<br />
Sieh die Pfirsichzier der Wange,<br />
Sieh nur halb, wie auf der Flucht,<br />
Dieser Lippe Kirschenfrucht,<br />
Ach, und werde von dem Drange<br />
Deines Durstes nicht versucht!</p>
<p>Sieh, o Blöder, auf und nieder,<br />
Sieh mit meinem Sinn den Bau<br />
Und den Einklang ihrer Glieder!<br />
Wende dann das Auge wieder,<br />
Sprich: Ich sah nur eine Frau!<br />
Sieh das Leben und das Weben<br />
Dieser Graziengestalt,<br />
Sieh es ruhig an und kalt!<br />
Fühle nicht das Wonnebeben<br />
Vor der Anmut Allgewalt!</p>
<p>Hat die Milde der Kamönen<br />
Gütig dir ein Ohr verliehn,<br />
Aufgethan den Zaubertönen,<br />
Die in Leid- und Freudenthränen<br />
Seelen aus den Busen ziehn:<br />
O so neig' es ihrer Stimme<br />
Und es ist um dich gethan!<br />
Deine Seele faßt ein Wahn,<br />
Daß sie in der Flut verglimme,<br />
Wie ein Funk' im Ozean.</p>
<p>Nahe dich dem Taumelkreise,<br />
Wo ihr Nelkenatem weht;<br />
Wo ihr warmes Leben leise,<br />
Nach Magnetenstromes Weise,<br />
Dir an Leib und Seele geht!<br />
Arm und Arm dann um einander!<br />
An einander Brust und Brust!<br />
Wenn du dann in heißer Lust –<br />
Ha, du bist ein Salamander,<br />
Wenn du nicht zerlodern mußt!</p>
<p>Steig' empor vom Erdenthale,<br />
Was auch Florens Hand es kränzt!<br />
Sonne dich, o Lied, im Strahle,<br />
Der herab vom Sternensaale<br />
Diesen Frühling überglänzt!<br />
Siehe, wie des Maies Wonne,<br />
So verarmt Autumnus Horn;<br />
Wir verschwelgen Most und Korn:<br />
Aber nie versiegt die Sonne,<br />
Gottes goldner Segensborn.</p>
<p>Ohne Wandel durch die Jahre,<br />
Durch den Wechsel aller Zeit,<br />
Leuchtet hoch das reine, klare<br />
Geistig-Schöne, Gute, Wahre<br />
Dieser Seel' in Ewigkeit.<br />
Lebensgeist, von Gott gehauchet,<br />
Odem, Wärme, Licht zu Rat,<br />
Kraft zu jeder Edelthat,<br />
Selig, wer in dich sich tauchet,<br />
Du der Seelen Labebad!</p>
<p>Schmeichelflut der Vorgefühle<br />
Hoher Götterlust schon hier<br />
Wallet oft, bei Frost und Schwüle,<br />
Wie mit Wärme, so mit Kühle,<br />
Lieblich um den Busen mir.<br />
Fühlet wohl ein Gottesseher,<br />
Wann sein Seelenaug' entzückt<br />
In die bessern Welten blickt,<br />
Fühlt er seinen Busen höher,<br />
Unaussprechlicher beglückt?</p>
<p>O der Wahrheit! O der Güte,<br />
Rein wie Perlen, ächt wie Gold!<br />
O der Sittenanmut! Blühte<br />
Je im weiblichen Gemüte<br />
Jeder Tugend Reiz so hold?<br />
Hinter sanfter Hügel Schirme,<br />
Wo die Purpurbeere reift<br />
Und der Liebe Nektar träuft,<br />
Hat kein Fittich böser Stürme<br />
Dies Elysium bestreift.</p>
<p>Da vergiftet nichts die Lüfte,<br />
Nichts den Sonnenschein und Tau,<br />
Nichts die Blum' und ihre Düfte;<br />
Da sind keine Mördergrüfte,<br />
Da beschleicht kein Tod die Au;<br />
Da berückt dich keine Schlange,<br />
Zwischen Moos und Klee versteckt;<br />
Da umschwirrt dich kein Insekt,<br />
So das Lächeln von der Wange,<br />
Aus der Brust den Frieden neckt.</p>
<p>Alle deine Wünsche brechen<br />
Ihre Früchte hier in Ruh;<br />
Milch und Honig fließt in Bächen;<br />
Töne wie vom Himmel sprechen<br />
Labsal dir und Segen zu. –<br />
Doch – du fühlest dich verlassen,<br />
Lied, in dieser Region!<br />
Lange weigern sich dir schon,<br />
Das Unsägliche zu fassen,<br />
Bild, Gedanke, Wort und Ton. –</p>
<p>Der, dem sie die Götter schufen<br />
Zur Genossin seiner Zeit,<br />
Ist vor aller Welt berufen,<br />
Zu erobern alle Stufen<br />
Höchster Erdenseligkeit.<br />
Ihm gedeihn des Glückes Saaten;<br />
Seinem Wunsch ist jedes Heil,<br />
Ehre, Macht und Reichtum feil:<br />
Denn zu tausend Wunderthaten<br />
Wird Vermögen ihm zu teil.</p>
<p>Durch den Balsam ihres Kusses<br />
Höhnt das Leben Sarg und Grab;<br />
Stark im Segen des Genusses<br />
Gibt's der Flut des Zeitenflusses<br />
Keine seiner Blühten ab.<br />
Rosicht hebt es sich und golden,<br />
Wie des Morgens lichtes Haupt,<br />
Seiner Jugend nie beraubt,<br />
Aus dem Bette dieser Holden,<br />
Mit verjüngtem Schmuck umlaubt.</p>
<p>Erd' und Himmel! Eine Solche<br />
Sollt' ich nicht mein eigen sehn?<br />
Über Nattern weg und Molche,<br />
Mitten hin durch Pfeil' und Dolche<br />
Konnt' ich stürmend nach ihr gehn.<br />
Mit der Stimme der Empörung<br />
Konnt' ich furchtbar: Sie ist mein!<br />
Gegen alle Mächte schrein,<br />
Tempel lieber der Zerstörung,<br />
Eh' ich ihrer mißte, weihn.</p>
<p>Singt mir nicht das Lied von Andern!<br />
Andre sind für mich nicht da:<br />
Sollt' ich auch, gleich Alexandern,<br />
Durch die Welt erobernd wandern.<br />
West- und osthin, fern und nah.<br />
Andre füllen Andrer Herzen;<br />
Andre reizen Andrer Sinn.<br />
Wann ich erst ein Andrer bin,<br />
Dann sind Andrer Lust und Schmerzen<br />
Mir Verlust auch und Gewinn.</p>
<p>Läßt, so ganz nach allen Fernen,<br />
So von Allem abgetrennt,<br />
Was die Sehnsucht möchte körnen,<br />
Schwebend zwischen Meer und Sternen,<br />
Von des Durstes Glut verbrennt,<br />
Läßt die Strebekraft sich dämpfen,<br />
Wenn wir dann, so weit wir sehn,<br />
Eine Labung nur erspähn?<br />
Gilt was anders, als erkämpfen,<br />
Oder kämpfend untergehn? –</p>
<p>Herr des Schicksals, deine Hände<br />
Wandten meinen Untergang!<br />
Nun hat alle Fehd' ein Ende;<br />
Dich, o neue Sonnenwende,<br />
Grüßet jubelnd mein Gesang!<br />
Hymen, den ich benedeie,<br />
Der du mich der langen Last<br />
Endlich nun entladen hast,<br />
Habe Dank für deine Weihe!<br />
Sei willkommen, Himmelsgast!</p>
<p>Sei willkommen, Fackelschwinger!<br />
Sei gegrüßt im Freudenchor,<br />
Schuldversöhner, Grambezwinger!<br />
Sei gesegnet, Wiederbringer<br />
Aller Huld, die ich verlor!<br />
Ach, von Gott und Welt vergeben<br />
Und vergessen werd' ich sehn<br />
Alles, was nicht recht geschehn,<br />
Wann im schönsten neuen Leben<br />
Gott und Welt mich wandeln sehn.</p>
<p>Schände nun nicht mehr die Blume<br />
Meiner Freuden, niedre Schmach!<br />
Schleiche, bis zum Heiligtume<br />
Frommer Unschuld, nicht dem Ruhme<br />
Meiner Auserwählten nach!<br />
Stirb nunmehr, verworfne Schlange!<br />
Längst verheertest du genug!<br />
Ihres Retters Adlerflug<br />
Rauscht heran im Waffenklange<br />
Dessen, der den Python schlug.</p>
<p>Schwing', o Lied, als Ehrenfahne<br />
Deinen Fittich um ihr Haupt!<br />
Und erstatte, trotz dem Wahne,<br />
Was ihr mit dem Drachenzahne<br />
Pöbellästerung geraubt!<br />
Spät, wann dies' im Staubgewimmel<br />
Längst des Unwerts Buße zahlt,<br />
Strahl', in dies Panier gemalt,<br />
Adonide, wie am Himmel<br />
Dort die Halmen-Jungfrau strahlt.</p>
<p>Erdentöchter, unbesungen,<br />
Roher Faunen Spiel und Scherz,<br />
Seht, mit solchen Huldigungen<br />
Lohnt die teuern Opferungen<br />
Des gerechten Sängers Herz!<br />
Offenbar und groß auf Erden,<br />
Hoch und hehr zu jeder Frist,<br />
Wie die Sonn' am Himmel ist,<br />
Heißt ers vor den Edlen werden,<br />
Was ihm seine Holdin ist. –</p>
<p>Lange hatt' ich mich gesehnet,<br />
Lange hatt' ein stummer Drang<br />
Meinen Busen ausgedehnet.<br />
Endlich hast du sie gekrönet,<br />
Meine Sehnsucht, o Gesang!<br />
Ach! dies bange süße Drücken<br />
Macht vielleicht ihr Gegenstand<br />
Nur der jungen Frau bekannt.<br />
Trägt sie so nicht vom Entzücken<br />
Der Vermählungsnacht das Pfand?</p>
<p>Ah, nun bist du mir geboren,<br />
Schön, ein geistiger Adon!<br />
Tanzet nun, in Lust verloren,<br />
Ihr, der Liebe goldne Horen,<br />
Tanzt um meinen schönsten Sohn!<br />
Segnet ihn, ihr Pierinnen!<br />
Laß, o süße Melodie,<br />
Laß ihn, Schwester Harmonie,<br />
Jedes Ohr und Herz gewinnen,<br />
Jede Götterphantasie!</p>
<p>Nimm, o Sohn, das Meistersiegel<br />
Der Vollendung an die Stirn!<br />
Ewig strahlen dir die Flügel,<br />
Meines Geistes helle Spiegel,<br />
Wie der Liebe Nachtgestirn!<br />
Schweb', o Liebling, nun hinnieder,<br />
Schweb' in deiner Herrlichkeit<br />
Stolz hinab den Strom der Zeit!<br />
Keiner wird von nun an wieder<br />
Deiner Töne Pomp geweiht.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/das-hohe-lied-von-der-einzigen" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Das hohe Lied von der Einzigen" class="rdf-meta element-hidden"></span>Tue, 16 Apr 2019 22:10:02 +0000mrbot11855 at https://www.textarchiv.comBettelstolz
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/bettelstolz
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Es gibt der bettelstolzen Hachen,<br />
Die mehr aus ärmlicher Kathedertheorei,<br />
Als aus Homers Gesang, Amphions Melodei,<br />
Und jedem Götterwerk der Muse selber machen.</p>
<p>Sprich, Menschensinn, und sag es laut den Hachen,<br />
Daß diesem Wahnsinn ganz der Wahnsinn ähnlich sei:<br />
Aus dem Compendio der Anthropologei,<br />
Das ein Professor schreibt, für seine Klerisei,<br />
Mehr als aus Gottes Werk, dem Menschen selbst, zu machen.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/bettelstolz" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Bettelstolz" class="rdf-meta element-hidden"></span>Mon, 15 Apr 2019 22:10:01 +0000mrbot11861 at https://www.textarchiv.comAuf einen litterarischen Händelsucher
https://www.textarchiv.com/gottfried-august-buerger/auf-einen-litterarischen-haendelsucher
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ich? Gegen ihn vom Leder ziehn? –<br />
Dabei gewönn' er; ich verlöre!<br />
Denn meine Fuchtel adelt' ihn,<br />
Sie aber käm' um ihre Ehre.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/gottfried-august-buerger" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Gottfried August Bürger</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1789</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/gottfried-august-buerger/auf-einen-litterarischen-haendelsucher" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Auf einen litterarischen Händelsucher" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sun, 14 Apr 2019 22:10:01 +0000mrbot11862 at https://www.textarchiv.com