Textarchiv - Theodor Fontane
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane
Deutscher Schriftstelle. Geboren am 30. Dezember 1819 in Neuruppin. Gestorben am 20. September 1898 in Berlin.
deDie Brück' am Tay
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/die-brueck-am-tay
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>»Wann treffen wir drei wieder zusamm?«<br />
»Um die siebente Stund', am Brückendamm.«<br />
»Am Mittelpfeiler.«</p>
<p>»Ich lösche die Flamm.«<br />
»Ich mit.«</p>
<p>»Ich komme vom Norden her.«<br />
»Und ich vom Süden.«<br />
»Und ich vom Meer.«</p>
<p>»Hei, das gibt einen Ringelreihn,<br />
Und die Brücke muß in den Grund hinein.«</p>
<p>»Und der Zug, der in die Brücke tritt<br />
Um die siebente Stund'?«<br />
»Ei, der muß mit.«<br />
»Muß mit.«</p>
<p>»Tand, Tand<br />
Ist das Gebilde von Menschenhand!«</p>
<p>Auf der Norderseite, das Brückenhaus –<br />
Alle Fenster sehen nach Süden aus,<br />
Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh<br />
Und in Bangen sehen nach Süden zu,<br />
Sehen und warten, ob nicht ein Licht<br />
Übers Wasser hin »Ich komme« spricht,<br />
»Ich komme, trotz Nacht und Sturmesflug,<br />
Ich, der Edinburger Zug.«</p>
<p>Und der Brückner jetzt: »Ich seh' einen Schein<br />
Am anderen Ufer. Das muß er sein.<br />
Nun, Mutter, weg mit dem bangen Traum,<br />
Unser Johnie kommt und will seinen Baum,<br />
Und was noch am Baume von Lichtern ist,<br />
Zünd' alles an wie zum heiligen Christ,<br />
Der will heuer zweimal mit uns sein, –<br />
Und in elf Minuten ist er herein.«</p>
<p>Und es war der Zug. Am Süderturm<br />
Keucht er vorbei jetzt gegen den Sturm,<br />
Und Johnie spricht: »Die Brücke noch!<br />
Aber was tut es, wir zwingen es doch.<br />
Ein fester Kessel, ein doppelter Dampf,<br />
Die bleiben Sieger in solchem Kampf.<br />
Und wie's auch rast und ringt und rennt,<br />
Wir kriegen es unter, das Element.</p>
<p>Und unser Stolz ist unsre Brück';<br />
Ich lache, denk' ich an früher zurück,<br />
An all den Jammer und all die Not<br />
Mit dem elend alten Schifferboot;<br />
Wie manche liebe Christfestnacht<br />
Hab' ich im Fährhaus zugebracht<br />
Und sah unsrer Fenster lichten Schein<br />
Und zählte und konnte nicht drüben sein.«</p>
<p>Auf der Norderseite, das Brückenhaus –<br />
Alle Fenster sehen nach Süden aus,<br />
Und die Brücknersleut' ohne Rast und Ruh<br />
Und in Bangen sehen nach Süden zu;<br />
Denn wütender wurde der Winde Spiel,<br />
Und jetzt, als ob Feuer vom Himmel fiel',<br />
Erglüht es in niederschießender Pracht<br />
Überm Wasser unten ... Und wieder ist Nacht.</p>
<p>»Wann treffen wir drei wieder zusamm?«<br />
»Um Mitternacht, am Bergeskamm.«<br />
»Auf dem hohen Moor, am Erlenstamm.«</p>
<p>»Ich komme.«<br />
»Ich mit.«<br />
»Ich nenn' euch die Zahl.«<br />
»Und ich die Namen.«<br />
»Und ich die Qual.«<br />
»Hei!<br />
Wie Splitter brach das Gebälk entzwei.«</p>
<p>»Tand, Tand<br />
Ist das Gebilde von Menschenhand.«</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1880</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/die-brueck-am-tay" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Die Brück' am Tay" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sun, 16 Jul 2017 14:49:47 +0000mrbot8422 at https://www.textarchiv.comWo Bismarck liegen soll
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/wo-bismarck-liegen-soll
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Nicht in Dom oder Fürstengruft,<br />
Er ruh' in Gottes freier Luft<br />
Draußen auf Berg und Halde,<br />
Noch besser: tief, tief im Walde;<br />
Widukind lädt ihn zu sich ein:<br />
»Ein Sachse war er, drum ist er mein,<br />
Im Sachsenwald soll er begraben sein.«</p>
<p>Der Leib zerfällt, der Stein zerfällt,<br />
Aber der Sachsenwald, der hält.<br />
Und kommen nach dreitausend Jahren<br />
Fremde hier des Weges gefahren<br />
Und sehen, geborgen vorm Licht der Sonnen,<br />
Den Waldgrund in Efeu tief eingesponnen<br />
Und staunen der Schönheit und jauchzen froh,<br />
So gebietet einer: »Lärmt nicht so! –<br />
Hier unten liegt Bismarck irgendwo.«</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/wo-bismarck-liegen-soll" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Wo Bismarck liegen soll" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sun, 05 Mar 2017 23:00:04 +0000mrbot4780 at https://www.textarchiv.comDer Tower-Brand
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/der-tower-brand
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Wenn's im Tower Nacht geworden, wenn die Höfe leer und stumm,<br />
Gehn die Geister der Erschlagnen in den Korridoren um,<br />
Durch die Lüfte bebt Geflüster klagend dann, wie Herbsteswehn,<br />
Mancher hat im Mondenschimmer schon die Schatten schreiten sehn.</p>
<p>Vor dem Zug, im Purpurmantel, silberweiß von Bart umwallt,<br />
Schwebt des sechsten Heinrichs greise, gramverwitterte Gestalt,<br />
Lady Gray dann, mit den Söhnen König Edwards an der Hand –<br />
Leise rauscht der Anna Bulen langes seidenes Gewand.</p>
<p>Zahllos ist das Heer der Geister, das hinauf, hinunter schwebt,<br />
Das da murmelt: »Fluch dir, Tower, dran das Blut der Unschuld klebt;<br />
Schutt und Trümmer sollst du werden!« Aber machtlos ist ihr Fluch,<br />
Ehern hält den Bau zusammen böser Mächte Zauberspruch.</p>
<p>Wieder nachtet's, wieder ziehn sie durch die Räume still und weit,<br />
Plötzlich stockt der Zug und schart sich um ein glimmend Tannenscheit,<br />
Dann geschäftig tragen Schnitzwerk, Fahnen, Fransen sie herzu,<br />
Und zur hellen Flamme schüren sie die matte Glut im Nu.</p>
<p>Wie das prasselt, wie das flackert! Einen sprüh'nden Feuerbrand<br />
Nehmen sie zum nächt'gen Umzug jetzt als Fackel in die Hand,<br />
Weithin wird die Saat der Funken in den Zimmern ausgestreut,<br />
Flammen sollen draus erwachsen; hei, der Fluch erfüllt sich heut!</p>
<p>Alles schläft; doch auf vom Lager springt im Nu der rasche Sturm,<br />
Und er wirft sich in das Feuer, und das Feuer in den Turm,<br />
An des Towers Felsenwände peitscht er schon das Flammenmeer,<br />
Und den Segen drüber sprechend, wogt auf ihm das Geisterheer.</p>
<p>Doch, als ob das Salz der Tränen feuerfest die Wände macht,<br />
Wie wenn Blut der beste Mörtel, den ein Meister je erdacht –<br />
Seht, wie durstig auch die Flamme sich von Turm zu Turme wirft,<br />
Hat sie doch, als wären's Becher, nur den Inhalt ausgeschlürft.</p>
<p>Wieder, wenn es Nacht geworden, wenn's im Tower leer und stumm,<br />
Gehn die Geister der Erschlagnen in den Korridoren um,<br />
Durch die Lüfte weht Geflüster, klagend dann wie Herbsteswehn,<br />
Mancher wird im Mondenschimmer noch die Schatten schreiten sehn.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/der-tower-brand" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der Tower-Brand" class="rdf-meta element-hidden"></span>Wed, 25 Jan 2017 23:00:04 +0000mrbot3934 at https://www.textarchiv.comUnd Calcar, das ist Sporn
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/und-calcar-das-ist-sporn
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>In Büchern und auf Bänken,<br />
Da war er nicht zu Haus,<br />
Ein Pferd im Stall zu tränken,<br />
Das sah schon besser aus;<br />
An schnallt er die silbernen Sporen,<br />
Blaustählern war der Dorn –<br />
Zu Calcar war er geboren,<br />
Und Calcar, das ist Sporn.</p>
<p>Es sausen die Windmühlflügel,<br />
Es klappern Leiter und Steg,<br />
Da, mit verhängtem Zügel,<br />
Geht's unter dem Flügel weg,<br />
Und bückend sich vom Pferde,<br />
'nen vollen Büschel Korn<br />
Aus reißt er aus der Erde –<br />
Hei, Calcar, das ist Sporn.</p>
<p>Sie reiten über die Brücken,<br />
Und Friedrich scherzt: »Je, nun,<br />
Hie Feind in Front und Rücken,<br />
Seydlitz, was würd' Er tun?«<br />
Der, über die Brückenwandung<br />
Spornt er halblinks nach vorn,<br />
Der Strom schäumt auf wie Brandung –<br />
Ja, Calcar, das ist Sporn.</p>
<p>Und andre Zeiten wieder;<br />
O kurzes Heldentum,<br />
Zu Tode liegt er danieder<br />
Und lächelt: »Was ist Ruhm?<br />
Ich höre nun allerwegen<br />
Eines stärkeren Reiters Horn,<br />
Aber auch ihm entgegen –<br />
Denn Calcar, das ist Sporn.«</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/und-calcar-das-ist-sporn" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Und Calcar, das ist Sporn" class="rdf-meta element-hidden"></span>Mon, 23 Jan 2017 23:00:08 +0000mrbot4707 at https://www.textarchiv.comAdlig Begräbnis
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/adlig-begraebnis
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Ein Zugwind ging durch die Stuben,<br />
Auf standen Hall' und Tor,<br />
Als die Mittelmärk'schen begruben<br />
Ihren alten Otto von Rohr.</p>
<p>Sechs Rohrsche Vettern ihn tragen,<br />
Sechs andre nebenher,<br />
Dann folgen drei von der Hagen<br />
Und drei von Häseler.</p>
<p>Ein Ribbeck, ein Stechow, ein Zieten,<br />
Ein Rathenow, ein Quast,<br />
Vorüber an Scheunen und Mieten<br />
Auf den Schultern schwankt die Last.</p>
<p>Um den Kirchhof her ein Blitzen<br />
Von Herbstessonnenschein,<br />
Die roten Berberitzen<br />
Hängen über Mauer und Stein.</p>
<p>Eine dreizehner Landwehrfahne<br />
Der alte von Bredow trug,<br />
Und Hans Rochow von Rekahne<br />
Schloß ab den Trauerzug.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/adlig-begraebnis" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Adlig Begräbnis" class="rdf-meta element-hidden"></span>Tue, 17 Jan 2017 23:00:04 +0000mrbot4769 at https://www.textarchiv.comDer 6. November 1632
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/der-6-november-1632
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Schwedische Heide, Novembertag,<br />
Der Nebel grau am Boden lag,<br />
Hin über das Steinfeld von Dalarn<br />
Holpert, stolpert ein Räderkarrn.</p>
<p>Ein Räderkarrn, beladen mit Korn;<br />
Lorns Atterdag zieht an der Deichsel vorn,<br />
Niels Rudbeck schiebt. Sie zwingen's nicht,<br />
Das Gestrüpp wird dichter; Niels aber spricht:</p>
<p>»Buschginster wächst hier über den Steg,<br />
Wir gehen in die Irr', wir missen den Weg,<br />
Wir haben links und rechts vertauscht –<br />
Hörst du, wie der Dal-Elf rauscht?«</p>
<p>»Das ist nicht der Dal-Elf, der Dal-Elf ist weit,<br />
Es rauscht nicht vor uns und nicht zur Seit',<br />
Es lärmt in Lüften, es klingt wie Trab,<br />
Wie Reiter wogt es auf und ab.</p>
<p>Es ist wie Schlacht, die herwärts dringt,<br />
Wie Kirchenlied es dazwischen klingt,<br />
Ich hör' in der Rosse wieherndem Trott:<br />
Eine feste Burg ist unser Gott!«</p>
<p>Und kaum gesprochen, da Lärmen und Schrei'n,<br />
In tiefen Geschwadern bricht es herein,<br />
Es brausen und dröhnen Luft und Erd',<br />
Vorauf ein Reiter auf weißem Pferd.</p>
<p>Signale, Schüsse, Rossegestampf,<br />
Der Nebel wird schwarz wie Pulverdampf,<br />
Wie wilde Jagd, so fliegt es vorbei –<br />
Zitternd ducken sich die Zwei.</p>
<p>Nun ist es vorüber ... Da wieder mit Macht<br />
Rückwärts wogt die Reiterschlacht,<br />
Und wieder dröhnt und donnert die Erd',<br />
Und wieder vorauf das weiße Pferd.</p>
<p>Wie ein Lichtstreif durch den Nebel es blitzt,<br />
Kein Reiter mehr im Sattel sitzt,<br />
Das fliehende Tier, es dampft und raucht,<br />
Sein Weiß ist tief in Rot getaucht.</p>
<p>Der Sattel blutig, blutig die Mähn',<br />
Ganz Schweden hat das Roß gesehn –<br />
Auf dem Felde von Lützen am selben Tag<br />
Gustav Adolf in seinem Blute lag.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/der-6-november-1632" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Der 6. November 1632" class="rdf-meta element-hidden"></span>Sun, 08 Jan 2017 23:00:04 +0000mrbot4704 at https://www.textarchiv.comLetzte Fahrt
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/letzte-fahrt
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>»Ich sähe wohl gern (er sprach es stumm)<br />
Noch einmal die Plätze hier herum,<br />
Am liebsten auf Alt-Geltow zu –<br />
Und ihr kommt mit, die Kinder und du.«</p>
<p>Das Dorf, es lag im Sonnenschein,<br />
In die stille Kirche tritt er ein,<br />
Die Wände weiß, die Fenster blank,<br />
Zu beiden Seiten nur Bank an Bank,<br />
Und auf der letzten – er blickt empor<br />
Auf Orgel und auf Orgelchor,<br />
Und wendet sich und spricht: »Wie gern<br />
Vernähm' ich noch einmal ›Lobe den Herrn‹;<br />
Den Lehrer im Feld, ich mag ihn nicht stören,<br />
Vicky, laß du das Lied mich hören.«</p>
<p>Und durch die Kirche klein und kahl,<br />
Als sprächen die Himmel, erbraust der Choral,<br />
Und wie die Töne sein Herz bewegen,<br />
Eine Lichtgestalt tritt ihm entgegen,<br />
Eine Lichtgestalt, an den Händen beiden<br />
Erkennt er die Male: »Dein Los war leiden.<br />
Du lerntest dulden und entsagen,<br />
Drum sollst du die Krone des Lebens tragen.<br />
Du siegtest, nichts soll dich fürder beschweren:<br />
Lobe den mächtigen König der Ehren ...«</p>
<p>Die Hände gefaltet, den Kopf geneigt,<br />
So lauscht er der Stimme.<br />
Die Orgel schweigt.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/letzte-fahrt" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Letzte Fahrt" class="rdf-meta element-hidden"></span>Thu, 05 Jan 2017 23:00:05 +0000mrbot4779 at https://www.textarchiv.comCromwells letzte Nacht
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/cromwells-letzte-nacht
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Mir sagt's nicht nur des Arztes ernste Miene,<br />
Selbst fühl' ich's: meine Stunden sind gezählt ...</p>
<p>Ein wüster Traum war's! Wüßt' ich, diese Nacht<br />
Wird mir der Schlaf ein gleiches Schrecknis bringen,<br />
So möchte diese Stunde noch der Tod<br />
Statt jenes Stuart an mein Lager treten.<br />
Ernst stand er vor mir; um den nackten Hals<br />
Trug, statt des Schmucks, er einen roten Streifen,<br />
Und als er, wie vordem, zu leichtem Gruß<br />
Nach dem Barett auf seinem Haupte faßte,<br />
Nahm er den Kopf von seinem blut'gen Rumpf.<br />
Mein Auge schloß sich; als ich's scheu geöffnet,<br />
Sah wieder ich den purpurfarbnen Streifen,<br />
Er winkte mit dem Finger mir zu folgen,<br />
Und schwand dann, rückwärts schreitend, in der Tür.</p>
<p>Was schreckt das Traumbild mich des toten Mannes<br />
Und weckt in mir den alten Aberglauben<br />
An eines Königs Unverletzlichkeit?<br />
Das Schwert des Henkers wär' wie Glas zersprungen,<br />
Wenn Gottes Will' ihn unverletzlich schuf.<br />
Der kühne Normann, der bei Hastingsfield<br />
Den König Harald in den Staub geworfen,<br />
Was war er Beßres als der Cromwell heut,<br />
Der jenen Karl bei Marston-Moor geschlagen?</p>
<p>Es soll nicht mehr dies blut'ge Haupt mich schrecken!<br />
Daß ich mein Tun mit seinem Tod besiegelt,<br />
Es war Notwendigkeit; er mußte sterben,<br />
Es war sein Blut der Mörtel meines Baus.</p>
<p>Ich sah das Schiff, vom Sturm umhergeschlagen,<br />
Der Klippe nah, an der es scheitern mußte,<br />
Und sprang hinzu – von seinem Platze drängt' ich<br />
Den schwachen Steurer, und mit fester Hand<br />
Bracht' ich das Schiff, geborgen, in den Hafen.<br />
Es war noch immer, wo es galt zu retten,<br />
Das Recht des Stärkern nicht das schlechtste Recht.</p>
<p>Wenn in die Sendung, die an mich ergangen,<br />
Sich Selbstsucht, Stolz und Eitelkeit gemischt,<br />
So weißt du, Gott, der meine Nächte kennet,<br />
Wie für die Schwachheit bitter ich gebüßt.<br />
Mein Leben war das Leben des Tyrannen;<br />
Ob nimmer auch in Blut ich mich gebadet,<br />
Haß fand ich dort, wo festen Arms ich drückte,<br />
Und Eifersucht, wo milden Arms ich hob.</p>
<p>Erfüllt ist, was ich mußte; Gott, ich wollte,<br />
Des Mannes Blut wär' nicht an meinen Händen!<br />
Hab' ich gefehlt, sei mir ein gnäd'ger Richter –<br />
In deine Hand befehl' ich meinen Geist.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/cromwells-letzte-nacht" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Cromwells letzte Nacht" class="rdf-meta element-hidden"></span>Fri, 30 Dec 2016 23:47:29 +0000mrbot3942 at https://www.textarchiv.comAuf dem Marsch
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/auf-dem-marsch
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>»Alter, was schleppst du dich noch mit?<br />
Humpelst und bist aus Schritt und Tritt:<br />
Warum bliebst du nicht zu Haus?<br />
Mit über sechzig is es aus.«</p>
<p>»Nich aus! Ich kann noch im Feuer stehn –<br />
Und wenn dann die Jungen nach mir sehn<br />
Und sehen, der Alte blinzelt nicht<br />
Und rührt kein Haar sich in seinem Gesicht<br />
Und zielt in Ruh und gibt seinen Schuß,<br />
Da machen sie's auch, wie man's machen muß,<br />
Und halten aus in Donner und Blitz –<br />
Im Feuer nicht blinzeln, das kann ich noch, Fritz.«</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/auf-dem-marsch" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Auf dem Marsch" class="rdf-meta element-hidden"></span>Fri, 30 Dec 2016 23:47:28 +0000mrbot4720 at https://www.textarchiv.comGoodwin-Sand
https://www.textarchiv.com/theodor-fontane/goodwin-sand
<div class="field field-name-body field-type-text-with-summary field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:text content:encoded"><p>Das sind die Bänke von Goodwin-Sand,<br />
Sie sind nicht Meer, sie sind nicht Land,<br />
Sie schieben sich, langsam, satt und schwer,<br />
Wie eine Schlange hin und her.</p>
<p>Und die Schiffe, die mit dem Sturm gerungen<br />
Und die schäumende Wut der Wellen bezwungen,<br />
Und die gefahren über die Welt,<br />
Unzertrümmert, unzerschellt,<br />
Sie sehen die Heimat, sie sehen das Ziel,<br />
Da schiebt sich die Schlange unter den Kiel<br />
Und ringelt Schiff und Mannschaft hinab,<br />
Zugleich ihr Tod, zugleich ihr Grab.</p>
<p>Die See ist still, die Ebb' ist nah,<br />
Mastspitzen ragen hier und da,<br />
Und wo sie ragen in die Luft,<br />
Da sind es Kreuze über der Gruft;<br />
Ein Kirchhof ist's, halb Meer, halb Land –<br />
Das sind die Bänke von Goodwin-Sand.</p>
</div></div></div><div class="field field-name-field-author field-type-taxonomy-term-reference field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" rel="schema:author"><a href="/theodor-fontane" typeof="skos:Concept" property="schema:name" datatype="">Theodor Fontane</a></div></div></div><div class="field field-name-field-releasedate field-type-number-integer field-label-hidden"><div class="field-items"><div class="field-item even" property="schema:datePublished">1898</div></div></div><span rel="schema:url" resource="/theodor-fontane/goodwin-sand" class="rdf-meta element-hidden"></span><span property="schema:name" content="Goodwin-Sand" class="rdf-meta element-hidden"></span>Fri, 30 Dec 2016 23:47:28 +0000mrbot3943 at https://www.textarchiv.com