Der Besuch der Gräfin

Behüte! so draussen wie drinnen welch’ Leben!
Im Pfarrhof flog Teller und Tuch!
Die gnädige Gräfin liess melden soeben,
Sie komme zum Mittagsbesuch.

Frau Pfarrer hielt Rat mit der Tochter Luise;
Galt’s doch, an so wichtigem Tag
Zu zeigen an Speisen, Gedeck und Service,
Was Küche und Keller vermag.

Abstäubte den Saal man, die Prachtkonterfeie
Der Vorfahr’n, altfränkisch und steif:
Hochwürd’ge mit Bibeln, Matronen voll Weihe,
Geschnürten Korsetts und im Reif.

Der Hausherr trug heut’ seine schönste Perücke,
Frau Pfarrer ihr Seidengewand,
Luise vom besten – dass sie auch sich schmücke! –
Was nur in der Truhe sich fand.

Da endlich erschien an dem Gitter vor’m Hause
Die Gräfin mitsamt der Komtess –
Der Pfarrer empfing sie im nobelsten Flause,
Devot zwar, voll Würde indes.

Vergnügten Gesichts knixten tief auf der Treppe
Frau Pfarrer und Tochter bereits,
Sich bückend, als wollten sie küssen die Schleppe
Des aristokratischen Kleids.

Den Saal nun betraten die vornehmen Gäste;
Der Pfarrer beschrieb voller Glut
Die Ehre, die man durch dies Fest aller Feste
Dem Haus zu erweisen geruht.

Drauf wurde die Herrschaft zur Tafel geleitet,
Die unter der Last brach – so schien’s.
Herablassend hat sich die Gräfin verbreitet,
Zuviel sei es hier des Bemüh’ns.

Der Pfarrerin Kochkunst, wie lobte sie diese,
Das Essen in jeglichem Punkt,
Dann neckte sie taktlos, doch gnädig Luise
Mit des Hauses gelehrtem Adjunkt.

Die Finger Komtesschens, wie Schnee zum Erblinden,
Sie lösten vom Küchlein ein Stück
Des Flügels zur Spende dem Hündchen, Belinden –
Sie selbst wies fast alles zurück.

Die Gäste sah’n stehen den Hauspotentaten
(Mit Blicken sich sendend Rapport),
Wie, Schweiss auf der Stirn, er, das Messer im Braten,
Sich bückte bei jeglichem Wort.

Dann reichte Frau Pfarrer mit herzlichem Nöt’gen
Die Schüsseln herum, die gehäuft,
Die rötlichen Erdbeer’n, die leckeren Brötchen –
Der Segen des Herrn, wie er träuft!

Spritzkuchen und Pontac sind auch nicht zu tadeln:
So gab es hier manchen Genuss;
Die Herrschaft sass aber zuletzt wie auf Nadeln,
Doch da war der Mahlzeit Beschluss.

Auf Vaters Geheiss kam nun hastig gesprungen
Ein Rudel, tiefbräunlich und feist;
Drauf gnädig Gefrag’ nach den Namen der Jungen –
Und Antworten tölpisch und dreist.

Frau Pfarrer, die Arme gekreuzt, ganz behäbig,
Sie rühmte in Tönen so weich
Der Tochter Talente, im Lobe freigebig,
Als käme Luisen nichts gleich.

Die mustert indes der Komtess Toilette,
Die Spitzen und Schleifen am Kleid,
Erwägend, wie gern sie die Herrlichkeit hätte,
Den Freundinnen allen zum Neid.

Zuletzt gab’s Kaffee aus altmodischer Kanne
– Geschenk des Hochsel’gen! – Im Ton
Der Parentation hielt der Pfarrer dem Manne,
Dem trefflichen, einen Sermon.

Er pries ihn als Heros, wie Gott ihn nur schicke
Und man ihn nicht wieder hier trifft,
Vergass auch nicht, dass er die Rede brav spicke
Mit Stellen der heiligen Schrift.

Nachseufzte geziemend die Gräfin dem Toten,
Zog schnell aus der Tasche ihr Tuch,
Sprach gnädig davon, dass man viel ihr geboten, –
Und fort ging der hohe Besuch.

Geleit gab der Pfarrer der Herrschaft als Ritter,
Frau Pfarrer und Tochter jedoch,
Sie knixten am Thor, und sie knixten am Gitter
Und knixen und knixen wohl noch!

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