Herbstgesang

Sey gegrüßt im falben Nebelkleide,
Gott des Segens, sey gegrüßt!
Lieh dir gleich nicht Flora ihr Geschmeide,
Holder Gott des Segens, sey gegrüßt!

Ach! wie hängt dein Horn von Purpurtrauben
Und von goldnen Früchten schwer!
Laß mich, laß mich deines Nektars rauben,
Reich mir deinen Freudenbecher her;

Daß ich deines Feuers voll dich singe,
Bis mir Stirn und Wange glüht;
Daß dein Lob zum fernsten Aether dringe,
Bis zum hohen Sirius dein Lied!

Ja, der Götter wonniges Entzücken,
Das dem Nektar Süße leiht,
Ist, uns Erdenkinder zu beglücken:
Wohlthun ist des Himmels Seligkeit.

Seht ihrs nicht an diesem Gott der Freude? –
Wie sein Nebelschleyer flieht!
Wie geschmückt im lichten Aetherkleide
Lächelnd er zu uns hernieder sieht!

Denn er hat mit Segen unsre Fluren,
Unsre Hütten all erfüllt.
Seht, o seht! wie seines Fußes Spuren
Ueberall ein voller Strom entquillt!

Reizend ist im blumigten Geschmeide,
In der Hoffnung Lichtgewand
Dein Verkünder, holder Gott der Freude,
Mit dem Blüthenscepter in der Hand.

Liebe, Liebe stralt aus seinem Bilde;
Mit dem schöpferischen Stral
Wandelt er in Edens Lustgefilde
Unsre Fluren, Hain und Thal.

Aber auf des Windes Flügel fliehet
Uns dies glückliche Gesicht,
Wie im ungetreuen Meere siehet
Man die Spuren seines Pfades nicht.

Du, du reichst uns Freud’ und neues Leben
In dem edlen Rebenblut!
Deine vollen Nektartrauben geben
Noch zu hoher That dem Enkel Muth.

Seliger Autumnus! sieh die Menge
Froher Wesen, die dir singt,
Horch dem Jubel heller Lustgesänge,
Der beseelt von dir zum Aether dringt.

Kehre nicht so schnell den Flug zum Himmel,
Bleib’ und schaue deine Lust
An dem frohen dankenden Gewimmel,
Sieh der Himmel ist in unsrer Brust!

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